1. und 3. September: ’s brent!

’s brent!

Faschismus, Widerstand und Gedenkpolitik
in Litauen und Deutschland

1. und 3. September 2011

mit
Fania Brantsovskaya
Christoph Dieckmann
Dovid Katz
Gerd Wiegel

Ort der Information
Denkmal für die ermordeten
Juden Europas
(Holocaustmahnmal)
Cora-Berliner-Straße 1
10117 Berlin
(Nähe Brandenburger Tor)

Eintritt frei

Weitere Infos im Flyer oder hier:

Wider die Weißwaschung der Täter

Der Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion leitete vor 70 Jahren den Holocaust ein. Nirgends haben ihn die Deutschen so »effektiv« durchgesetzt wie in Litauen, wo fast 95 Prozent der jüdischen Bevölkerung ermordet wurden. Ohne die willige Kollaboration zahlreicher Einheimischer wäre dies nicht möglich gewesen.

Doch darüber herrscht im heutigen Litauen weitgehend Schweigen. Erinnert wird vordringlich an die sowjetische Besetzung des Landes und die Unabhängigkeitsbewegung. Antisowjetische »Freiheitskämpfer« werden trotz ihrer Verstrickungen in den Holocaust als Nationalhelden gefeiert, Hakenkreuze feiern als »Kulturgut« fröhliche Urständ, während Sowjetsymbole verboten sind.

Gedenkstätten, die an Holocaust und Widerstand erinnern, stehen im Abseits oder verrotten. Kritische PublizistInnen und ehemalige jüdische PartisanInnen, die an die Kollaborationsgeschichte erinnern, gelten als Nestbeschmutzer, die mit beruflichen Nachteilen und sogar Kriminalisierung zu rechnen haben.

Eine ähnliche Umdeutung der Geschichte gibt es auch in der deutschen Gedenkpolitik: Die Relativierung des Faschismus als einer Diktatur unter vielen. Aus dem Volk der Täter soll ein Volk von Opfern und mutigen Widerstandskämpfern werden.

Die Veranstaltung ’s brent! will die deutsche Verant- wortung für den Holocaust in Litauen wie auch die Rolle der litauschen Komplizen aufzeigen, aber ebenso den bewaffneten Widerstand jüdischer Partisaneneinheiten. Sie versteht sich als Beitrag gegen die »Weißwaschung der Täter« (Dovid Katz).

I. Holocaust und Widerstand

1. September 2011, 18.30 Uhr
Fania Brantsovskaya
Christoph Dieckmann

Der Massenmord an den litauischen Jüdinnen und Juden war von den deutschen Behörden systematisch geplant worden, der Vollzug blieb größtenteils einheimischen Kollaborateuren überlassen, die das Zerrbild vom »jüdischen Bolschewismus« teilten.

Auf Hilfe im Land selbst konnte die jüdische Bevölkerung weniger als in anderen betroffenen Ländern hoffen. Im Wilnaer Ghetto wurde das kulturelle und physische Überleben versucht. Die Fareinikte Partisaner Organisatzije schmuggelte Lebensmittel und Waffen, musste dann aber vor der Liquidation des Ghettos in die Wälder fliehen, um von dort den Kampf gemeinsam mit anderen Partisanenverbänden gegen die Deutschen weiter zu führen.

Christoph Dieckmann schildert die Vorgeschichte des Holocaust, dessen weitere Etappen und stellt die Rolle der Besatzer wie der litauischen Kollaborateure vor. Fania Brantsovskaya berichtet vom Leben im Ghetto, von ihrer Zeit bei den Partisanen und über ihre heutige Arbeit.

II. »Vernebelung« des Holocaust

3. September 2011, 17 Uhr
Dovid Katz
Gerd Wiegel

Litauen pflegt die »totalitarismustheoretische« Legende eines »doppelten Genozids«: Die Sowjetunion wie das Dritte Reich hätten gleichermaßen einen Völkermord begangen, Litauen sei jeweils Opfer gewesen. Im offiziellen Gedenken tritt der Holocaust weit hinter den »sowjetischen Genozid« zurück.

Zugleich wird jener »Partisanen« aus der Litauischen Aktivisten-Front gedacht, die im Juni 1941 den deutschen Einmarsch nutzten, um ihrerseits gegen die abziehende Rote Armee zu kämpfen – und die nebenbei noch vor dem Eintreffen der Wehrmacht die ersten antijüdischen Pogrome begingen.

Anlass für einen erhobenen Zeigefinger gibt es freilich nicht: Auch in Deutschland steht die Gedenkkultur zunehmend unter dem Vorzeichen »zweier Diktaturen«.

Dovid Katz ist profunder Kenner der litauischen Geschichtspolitik und benennt zahlreiche Beispiele für die »Vernebelung« (obfuscation) des Holocaust. Gerd Wiegel berichtet über aktuelle Auseinandersetzungen in der deutschen Gedenk- und Erinnerungspolitik.

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